Pestwurz (Petasites-Extrakt) zur Vorbeugung von Migräne

 

Wirkt Petasites bei Kopfschmerzen?



Fragen, die in diesem Beitrag beantwortet werden:

  • Gibt es Untersuchungen zur Wirksamkeit von Pestwurz bei Migräne im Kindesalter?
  • Welche Dosierungen von Petasites-Extrakten wurden in Studien untersucht?
  • Wie wirkt Pestwurz?
  • Ist die Wirksamkeit von Pestwurz zur Vorbeugung von Migräne durch überzeugende Studiendaten belegt?
  • Welche Nebenwirkungen sind unter der Einnahme von Petasites-Extrakt möglich?


Hintergrund

Die Pestwurz (Petasites, engl.: Butterbur) bildet eine Pflanzengattung in der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Die "gemeine Pestwurz", (Petasites officinalis) ist in ganz Europa verbreitet und wächst im Bereich von feuchten Bach- oder Flussufern.
Die Heilpflanze wurde bereits in der Antike gegen Schmerzen und Krämpfe eingesetzt.


Anwendungsgebiete von Petasites-Extrakten

Das Hauptanwendungsgebiet von Petasites-Extrakten (Butterbur) liegt in der Vorbeugung von Migräne und anderen Kopfschmerzformen. Darüber hinaus findet die Pestwurz allgemeine Anwendung bei Schmerzen, Magenverstimmung, anhaltenden Husten, Ängstlichkeit, Schlaflosigkeit, Asthma, allergischer Rhinitis und Reizblase. Vereinzelt wird die Pestwurz auch zur Stimulation des Appetits eingesetzt.

Von einer Migräne sind in Deutschland fast 18 Millionen Menschen betroffen, weitere 25 Millionen leiden an Kopfschmerzen des Spannungstyps.


Wirkstoffe der Pestwurz (Butterbur)

Als die wesentlichen wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe der Pestwurz werden das Petasin und das Isopetasin angesehen. Beispielsweise besteht das Präparat „Butterbur“ aus einem Spezialextrakt, gewonnen aus dem Wurzelstock der Pestwurz (Petasites hybridus). Durch ein besonderes Verfahren werden die lebertoxischen Pyrrolizidinalkaloide rückstandsfrei aus dem Extrakt herausgefiltert.


Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel?

Gegenwärtig stehen Petasites-Extrakte in Deutschland nur als Nahrungsergänzungsmittel zur Verfügung. Bis Mitte 2009 hatte das Arzneimittel Petadolex® in Deutschland die Zulassung zur Migränevorbeugung. Eine Änderung des Auszugsmittels (von Dichlormethan auf CO2) hat zur formalen Versagung der Zulassung durch das BfArM geführt.

In der Schweiz ist der Petasites-Extrakt Ze 339 als verschreibungspflichtiges Arzneimittel zur Behandlung von Heuschnupfen (saisonale allergische Rhinitis) zugelassen. Petasites-Extrakt ist auch in den Präparaten Tesalin® N und Pollivita® Filmtabletten enthalten und auf 8 mg Petasine standardisiert. 

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Wirkmechanismus

Der Wirkstoff Petasin kann die Spasmen der glatten Muskulatur, insbesondere in den Gefäßwänden, vermindern. Es liegen zudem Hinweise vor, dass Petasin auch die Synthese von Leukotrienen (Entzündungsmediatoren) hemmen kann.


Studien zur Wirksamkeit

Eine kürzlich erschienene Übersichtarbeit zweier amerikanischer Fachgesellschaften bescheinigt dem Petasites-Extrakt (Pestwurz) eine gute Wirksamkeit zur Vorbeugung von Migräne (2). In ihren Empfehlungen nimmt Petasites-Extrakt einen hohen Stellenwert ein: Es wird Migräne-Patienten als Mittel der 1. Wahl empfohlen, um die Häufigkeit und Schwere ihrer Schmerzattacken zu vermindern. Eine weitere Übersichtsarbeit aus dem Jahre 2012 hat verschiedene nicht-medikamentöse Behandlungsoptionen zur Vorbeugung von Migräne bewertet (4). Als in ihrer Wirksamkeit gut belegte Maßnahmen gelten demnach ein Ausdauertraining, verschiedene Formen von Entspannungsübungen und auch die Behandlung mit Petasites Extrakten, Coenzym Q10 und Riboflavin (Vitamin B2).

Auch eine kürzlich veröffentlichte Literaturanalyse der kanadischen Kopfschmerzgesellschaft (Canadian Headache Society) kommt zu dem Ergebnis, dass sich insgesamt 11 Wirkstoffe zur Vorbeugung von Migräne-Anfällen eignen (7). Neben den chemisch definierten Arzneimitteln wie Metoprolol, Propranolol, Candesartan und Amitryptylin erhielten auch pflanzliche Zubereitungen wie Petasites-Extrakte, Mineralstoffe (Magnesium) und Vitamine (Riboflavin) eine positive Empfehlung (7).

In den Leitlinien der deutschen Fachgesellschaften (Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Neurologie) finden mittlerweile Petasites-Extrakte zur Migräneprophylaxe Berücksichtigung. Auch die Leitlinie der europäischen Fachgesellschaft für Neurologie (European Federation of Neurological Societies (EFNS)) empfiehlt als Mittel der zweiten Wahl die Anwendung von Petasites-Extrakt zur Migräneprophylaxe (1).


Studien zur Ermittlung einer wirksamen Dosierung

Zur Ermittlung der wirksamen Dosierung des Petasites-Extraktes zur Behandlung von Migräne wurden in einer Placebo-kontrollierten Studie zwei verschiedene Dosierungen (tgl. 2 x 50 mg oder 2 x 75 mg) im Vergleich zur Plaebogabe geprüft (3). Untersucht wurden 245 Patienten mit Migräne im Alter von 18 bis 65 Jahren mit mindestens zwei bis maximal sechs Attacken pro Monat. Ergebnisse: Über die 4-monatige Behandlungszeit konnte die Häufigkeit von Migräneanfällen unter der 75-mg-Dosierung um 48 % reduziert werden. Nur die tägliche Gabe von 2 x 75 mg Petasites-Extrakt, nicht jedoch die 2 x 50 mg Dosierung war der Placebogabe signifikant überlegen. Auch der Anteil der Patienten mit einer größer oder gleich 50%igen Verminderung der Migräneanfallshäufigkeit lag nach 4 Monaten mit 68 % der Patienten in der 75-mg-Gruppe signifikant höher als in der Placebo-Gruppe. Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen, die möglicherweise im Zusammenhang mit der Behandlung mit Petasites-Extrakt stehen, waren milde gastrointestinale Beschwerden, insbesondere Aufstoßen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass nur die zweimal tägliche Gabe von 75 mg Petasites-Extrakt der Placebogabe zur Vorbeugung von Migräneanfällen signifikant überlegen war (3).


Studien zur Anwendung von Petasites-Extrakt im Kindesalter

In einer Untersuchung von 108 Kindern und Jugendlichen (Alter: 6 bis 17 Jahre) wurde geprüft, ob Petasites-Extrakt wirksam zur Verringerung der Migräne-Anfallsfrequenz ist (6). Nach einer 4-monatigen Behandlung in einer altersabhängigen Dosierung von täglich 50 bis 150 mg Petasites-Extrakt konnte bei 77 Prozent der Kinder die Anfallshäufigkeit um mindestens die Hälfte reduziert werden (6). Mehr als 90 % der Kinder und Jugendlichen fühlten sich nach 4 Monaten Behandlung wesentlich oder zumindest geringfügig besser. Nebenwirkungen wurden bei 7,4 % der Patienten dokumentiert. Am häufigsten wurde über ein Aufstoßen geklagt.

In einer weiteren Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie aus Deutschland wurde die Anwendung von Pestwurz (Petasites-Extrakt) oder Musik-Therapie zur Vorbeugung von Migräne im Kindesalter untersucht (5). Bei 58 Grundschülern mit Migräne wurde über einen Zeitraum von 12 Wochen die Gabe von Pestwurz oder eine Musik-Therapie mit einer Placebo-Behandlung verglichen. Ergebnis: Beide Behandlungen führten zu einer substanziellen Abnahme der Häufigkeit von Migräne-Attacken und waren im Follow-up der Placebo-Behandlung signifikant überlegen. Die Autoren dieser Studie sehen daher sowohl die Musik-Therapie als auch die Gabe von Petasites-Extrakt als erfolgsversprechende Maßnahmen zur Prophylaxe der kindlichen Migräne an (5).

Nach Einschätzung von Experten ist die Wirksamkeit von Petasites-Extrakt vergleichbar mit der verschreibungspflichtiger Arzneimittel, wie z.B. den Betablockern Propanolol und Timolol. In Hinblick auf die Verträglichkeit ist der Pflanzenextrakt den Betablockern jedoch überlegen.


Fazit

Extrakte aus Petasites (Pestwurz) verringern die Häufigkeit von Migräne-Attacken, die Anzahl der Tage mit Migräne und die typischen Symptome bei Kindern und Erwachsenen. Zahlreiche Studien belegen, dass der Petasites-Extrakt eine wirksame und gut verträgliche Option zur Migräne-Prophylaxe darstellt.



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Literatur:


1. Evers S, Afra J, Frese A, Goadsby PJ, Linde M, May A, Sándor PS; European Federation of Neurological Societies. EFNS guideline on the drug treatment of migraine - revised report of an EFNS task force. Eur J Neurol. 2009 Sep;16(9):968-81.

2. Holland S, Silberstein SD, Freitag F, Dodick DW, Argoff C, Ashman E; Quality Standards Subcommittee of the American Academy of Neurology and the American Headache Society. Evidence-based guideline update: NSAIDs and other complementary treatments for episodic migraine prevention in adults: report of the Quality Standards Subcommittee of the American Academy of Neurology and the American Headache Society. Neurology. 2012 Apr 24;78(17):1346-53. Review.

3. Lipton RB, Göbel H, Einhäupl KM, Wilks K, Mauskop A. Petasites hybridus root (butterbur) is an effective preventive treatment for migraine. Neurology. 2004 Dec 28;63(12):2240-4.

4. Mauskop A. Nonmedication, alternative, and complementary treatments for migraine. Continuum (Minneap Minn). 2012 Aug;18(4):796-806.

5. Oelkers-Ax R, Leins A, Parzer P, Hillecke T, Bolay HV, Fischer J, Bender S, Hermanns U, Resch F. Butterbur root extract and music therapy in the prevention of childhood migraine: an explorative study. Eur J Pain. 2008 Apr;12(3):301-13.

6. Pothmann R, Danesch U. Migraine prevention in children and adolescents: results of an open study with a special butterbur root extract. Headache. 2005 Mar;45(3):196-203.

7. Pringsheim T, Davenport W, Mackie G, Worthington I, Aubé M, Christie SN, Gladstone J, Becker WJ; Canadian Headache Society Prophylactic Guidelines Development Group. Canadian Headache Society guideline for migraine prophylaxis. Can J Neurol Sci. 2012 Mar;39(2 Suppl 2):S1-59.