Pfefferminzöl bei Reizdarmsyndrom – Wirksam oder unwirksam?

 

Lindern Pfefferminzöl-Zubereitungen die Beschwerden beim Reizdarmsyndrom?

Wirkt Pfefferminzöl bei Darmschmerzen, Krämpfen, Blähungen und Durchfall?


Welche Fragen werden in diesem Beitrag beantwortet?

  • Welche pflanzlichen Arzneimittel mit Pfefferminzöl sind für die Therapie des Reizdarmsyndroms zugelassen?
  • Welche Dosierungen von Pfefferminzöl werden zur Behandlung des Reizdarmsyndroms empfohlen?
  • Wie wirkt Pfefferminzöl beim Reizdarmsyndrom?
  • Ist die Wirksamkeit von Pfefferminzöl durch überzeugende Studiendaten belegt?
  • Welche Nebenwirkungen sind unter der Einnahme von Pfefferminzöl möglich?


Hintergrund

Mit dem Reizdarmsyndrom (Colon irritabile) werden verschiedene Störungen des Verdauungstraktes zu einem Krankheitsbild zusammengefasst. Typische Symptome sind Schmerzen, Blähungen und Spannungsgefühl sowie Stuhlunregelmäßigkeiten. Nach Schätzungen leiden ca. 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung an dieser funktionellen Darmerkrankung.

Die Blätter der verschiedenen Sorten der Pfefferminze (Mentha piperita, Lamiaceae) sind das Ausgangsmaterial für eine Reihe von Arzneimitteln. Pfefferminzöl (Oleum menthae piperitae) stammt aus den oberirdischen Teilen der Pfefferminze und wird durch Wasserdampfdestillation gewonnen. Hauptbestandteile sind Menthol, Menthon, Menthylacetat und 1,8-Cineol.

Wichtigstes Herkunftsland der Pfefferminze sind die USA.

In Deutschland sind verschiedene Pfefferminzöl-Präparate als Arzneimittel zur Behandlung des Reizdarmsyndroms (Colon irritabile) zugelassen:


  • Medacalm®: Zur Behandlung der Beschwerden beim Reizdarm, die sich in Bauchschmerzen, Blähungen, Völlegefühl, Verstopfung oder Durchfall äußern.
  • Divalol® Galletropfen: Innerliche Anwendung bei krampfartigen Beschwerden im oberen Magen-Darm-Trakt und der Gallenwege.
  • Spasmo Gallo Sanol® N: Krampfartige Beschwerden im oberen Gastrointestinaltrakt und der Gallenwege
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Wirkmechanismus

Bei innerer Anwendung wirken Pfefferminzblätter und ihre Zubereitungen vor allem krampflösend (spasmolytisch), blähungstreibend (karminativ) und galletreibend (cholagog), vermutlich auch antibakteriell und antiviral.

Diese Wirkungen sind überwiegend, aber nicht ausschließlich, auf das ätherische Öl mit seinen Hauptkomponenten Menthol, Menthylacetat, Menthon und Menthofuran zurückzuführen.

Pfefferminzöl soll schwach antibakteriell und antifungal wirken. Es fördert die Sekretion von Magensäften und Gallenflüssigkeit.


Weitere Details zum Reizdarmsyndrom

Da den Beschwerden oftmals keine erkennbare organische Ursache zugrunde liegt, spricht man auch von einer funktionellen Erkrankung des Darms.

Die Betroffenen klagen über Verdauungsstörungen, die sowohl den Dünndarm als auch den Dickdarm betreffen. Bauchschmerzen und Krämpfe werden meist von starken Blähungen und von Stuhlunregelmäßigkeiten begleitet. Dabei können sowohl Durchfall als auch Verstopfung auftreten, häufig im Wechsel. Auch Schleimauflagerungen können vorkommen.

Ungefähr 70 Prozent der Patienten mit einem Reizdarmsyndrom haben leichte Beschwerden, die nur ab und zu vorkommen. 25 Prozent haben mittelstarke Symptome, die öfters auftreten und länger andauern. Fünf Prozent leiden ständig unter starken Beschwerden. Stress, egal welcher Genese, kann ein Reizdarmsyndrom verschlimmern oder neuerlich auslösen.

Die Ursachen der Erkrankung sind nicht bekannt. Auch die Entstehung der typischen Beschwerden beim Reizdarmsyndrom ist nicht eindeutig geklärt.

Die Reizschwelle bei Patienten mit Reizdarmsyndrom ist erniedrigt. Bei ihnen führen bereits geringe Dehnungsreize im Darm zu Schmerzen, die von anderen Personen noch nicht als schmerzhaft empfunden werden.


Diagnose Reizdarmsyndrom

Wichtig für die Diagnosestellung Reizdarmsyndrom ist der Ausschluss anderer Erkrankungen, die sich mit ähnlichen Symptomen äußern wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Darmkrebs oder Magen-Darm-Infekte.

Das Reizdarmsyndrom wird anhand der 2006 aufgestellten Rom-III-Kriterien diagnostiziert. Vom Reizdarmsyndrom spricht man, wenn wiederkehrende Bauchschmerzen oder Unbehagen im Bauch über mindestens drei Tage pro Monat während der letzten drei Monate auftraten und mindestens zwei der folgenden Kriterien zutreffen:


  • Beschwerden bessern sich nach dem Stuhlgang.
  • Beschwerden sind mit einer Änderung der Stuhlfrequenz verbunden.
  • Beschwerden gehen mit einer Änderung der Stuhlkonsistenz einher.
Die Kriterien müssen während der letzten drei Monate erfüllt worden sein.

Folgt man alternativ den aktuellen deutschen Leitlinien, dann müssen für die Diagnose Reizdarmsyndrom die folgenden Kriterien erfüllt sein:
Von einem Reizdarmsyndrom spricht man, wenn chronische, länger als drei Monate anhaltende Beschwerden (z.B. Bauchschmerzen oder Blähungen) bestehen, die von Patient und Arzt auf den Darm bezogen werden und in der Regel mit Stuhlgangsveränderungen einhergehen. Wenn zudem die Beschwerden dazu führen, dass der Patient deswegen Hilfe sucht und/oder sich sorgt und die Beschwerden so stark sind, dass sie die Lebensqualität stark beeinträchtigen und keine für andere Krankheitsbilder charakteristischen Voraussetzungen vorliegen, dann kann die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt werden.


Studien zur Wirksamkeit von Pfefferminzöl

Im Rahmen einer Metaanalyse wurden vier Studien mit insgesamt 392 Patienten mit Reizdarmsyndrom ausgewertet, die die Wirksamkeit von Pfefferminzöl im Vergleich zu Placebo auf die Beschwerden eines Reizdarmsyndroms untersucht hatten.

Die Ergebnisse zeigen, dass nur 26 Prozent der Patienten, die mit Pfefferminzöl behandelt wurden, am Ende der Studien weiterhin unter den Beschwerden litten, während in der Placebo-Gruppe noch 65 Prozent über anhaltende Symptome klagten (1). Pfefferminzöl kann demnach die Beschwerden von Menschen mit einem Reizdarmsyndrom lindern.

Verschiedene kürzlich erschienene Übersichtsarbeiten zur Behandlung des Reizdarmsyndroms konnten die Wirksamkeit von Pfefferminzöl für diese Anwendung bestätigen (2, 3, 6).

Die Dosierungen von Pfefferminzöl, die in diesen Studien eingesetzt wurden, variierten zwischen täglich 3 bis 6 magensaftresistenten Kapseln mit jeweils 0,2 - 0,4 ml Pfefferminzöl (4).

Obwohl Pfefferminzöl in Studien wirksamer als die Placebo-Behandlung war, ist auch die Wirkung von Pfefferminzöl beim Reizdarmsyndrom begrenzt: Nur bei zwei von fünf Betroffenen, die Pfefferminzöl erhielten, besserten sich die typischen Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Durchfall deutlich.

Eine besondere Galenik des Pfefferminzöls wurde in einer Placebo-kontrollierten Studie an 90 Patienten mit Reizdarmsyndrom geprüft (5). Diese magensaft-resistenten Kapseln setzen das Pfefferminzöl erst verzögert im distalen Dünndarm frei.

Ergebnis: Nach 8 Wochen Therapie unter der Einnahme von täglich 3x 1 Kapsel Pfefferminzöl war der Anteil der Patienten mit einer deutlichen Minderung der Darmschmerzen signifikant größer als unter der Placebo-Einnahme (5).

In einer weiteren kürzlich veröffentlichten Placebo-kontrollierten Studie an 74 Patienten mit Reizdarmsyndrom konnte eine signifikante Besserung der Symptome im Vergleich zu Placebo nach 6 Wochen Behandlung mit Pfefferminzöl dokumentiert werden (8).

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Dosierung von Pfefferminzöl

Für Pfefferminzöl-Zubereitungen als Arzneimittel werden die folgenden Dosierungen für Erwachsene empfohlen:


  • Divalol® Galletropfen: 20 ml enthalten 20 ml Pfefferminzöl (1 ml = ca. 20 Tropfen): 2- bis 3-mal täglich 3 bis 4 Tropfen Pfefferminzöl (7).
  • Spasmo Gallo Sanol® N: 1 Dragée enthält 37,5 mg Pfefferminzöl. 3-mal täglich 1 – 2 Dragées. Die Tagesdosis beträgt 3 – 6 Dragées.
  • Medacalm® enthält 187 mg (0,2 ml) Pfefferminzöl pro Kapsel: 3-mal täglich 1 magensaftresistente Hartkapsel


Wirkeintritt

Bei Behandlung des Reizdarmsyndroms mit Pfefferminzöl tritt eine Besserung der Symptomatik Studien zufolge in der Regel in den ersten zwei Behandlungswochen ein und stabilisiert sich anschließend.


Verträglichkeit von Pfefferminzöl

Bei empfindlichen Personen können unter der Einnahme von Pfefferminzöl Magenbeschwerden auftreten.

Bei entsprechend sensibilisierten Patienten können zudem Überempfindlichkeitsreaktionen (einschließlich Atemnot) ausgelöst werden. Bei Überempfindlichkeitsreaktionen ausgelöst durch Menthol kann es zu Kopfschmerzen, Muskelzittern und Hautausschlag kommen. Auch Sodbrennen, Übelkeit und Erbrechen sowie Sehverschlechterung wurden beschrieben (7).


Fazit

Den Studien zufolge ist eine wirksame Behandlung von Symptomen eines Reizdarmsyndroms mit verschiedenen Zubereitungen von Pfefferminzöl möglich. Am besten erscheint die Datenlage zur Anwendung von magensaftresistenten Formulierungen des Pfefferminzöls. Nach einer Behandlungsdauer von 2 bis 8 Wochen wurden insbesondere eine Abnahme der Darmschmerzen und eine Normalisierung der Stuhlunregelmäßigkeiten dokumentiert.


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Literatur


1. Ford AC, Talley NJ, Spiegel BM, Foxx-Orenstein AE, Schiller L, Quigley EM, Moayyedi P. Effect of fibre, antispasmodics, and peppermint oil in the treatment of irritable bowel syndrome: systematic review and meta-analysis. BMJ. 2008 Nov 13;337:a2313.

2. Ruepert L, Quartero AO, de Wit NJ, van der Heijden GJ, Rubin G, Muris JW. Bulking agents, antispasmodics and antidepressants for the treatment of irritable bowel syndrome.
Cochrane Database Syst Rev. 2011 Aug 10;(8):CD003460. Review.

3. Suares NC, Ford AC. Diagnosis and treatment of irritable bowel syndrome.
Discov Med. 2011 May;11(60):425-33.

4. Pirotta M. Irritable bowel syndrome - The role of complementary medicines in treatment. Aust Fam Physician. 2009 Dec;38(12):966-8.

5. Merat S, Khalili S, Mostajabi P, Ghorbani A, Ansari R, Malekzadeh R. The effect of enteric-coated, delayed-release peppermint oil on irritable bowel syndrome.
Dig Dis Sci. 2010 May;55(5):1385-90.

6. Wilkins T, Pepitone C, Alex B, Schade RR. Diagnosis and management of IBS in adults.
Am Fam Physician. 2012 Sep 1;86(5):419-26.

7. Fachinformation Divalol® Galletropfen, 20 ml/20 ml, Ätherisches Öl, Stand Juni 2012

8. Alam MS, Roy PK, Miah AR, Mollick SH, Khan MR, Mahmud MC, Khatun S. Efficacy of Peppermint oil in diarrhea predominant IBS - a double blind randomized placebo - controlled study. Mymensingh Med J. 2013 Jan;22(1):27-30.